Im weitesten Sinne bezieht sich elektrochemische Oxidation auf den gesamten Prozess der Elektrochemie, der direkte oder indirekte elektrochemische Reaktionen beinhaltet, die an der Elektrode auf der Grundlage der Prinzipien von Oxidations-Reduktions-Reaktionen ablaufen. Ziel dieser Reaktionen ist es, Schadstoffe aus dem Abwasser zu reduzieren oder zu entfernen.
Im engeren Sinne bezieht sich die elektrochemische Oxidation speziell auf den anodischen Prozess. Bei diesem Verfahren wird eine organische Lösung oder Suspension in eine Elektrolysezelle eingeführt und durch Anlegen von Gleichstrom werden an der Anode Elektronen extrahiert, was zur Oxidation organischer Verbindungen führt. Alternativ können niedervalente Metalle an der Anode zu hochvalenten Metallionen oxidiert werden, die dann an der Oxidation organischer Verbindungen beteiligt sind. Typischerweise weisen bestimmte funktionelle Gruppen in organischen Verbindungen elektrochemische Aktivität auf. Unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes verändert sich die Struktur dieser funktionellen Gruppen, wodurch sich die chemischen Eigenschaften der organischen Verbindungen verändern, ihre Toxizität verringert und ihre biologische Abbaubarkeit verbessert wird.
Die elektrochemische Oxidation kann in zwei Arten eingeteilt werden: direkte Oxidation und indirekte Oxidation. Unter der Direktoxidation (Direktelektrolyse) versteht man die direkte Entfernung von Schadstoffen aus dem Abwasser durch Oxidation an der Elektrode. Dieser Prozess umfasst sowohl anodische als auch kathodische Prozesse. Beim anodischen Prozess werden Schadstoffe an der Anodenoberfläche oxidiert und in weniger toxische oder besser biologisch abbaubare Stoffe umgewandelt, wodurch Schadstoffe reduziert oder eliminiert werden. Der kathodische Prozess beinhaltet die Reduzierung von Schadstoffen an der Kathodenoberfläche und wird hauptsächlich zur Reduzierung und Entfernung von Halogenkohlenwasserstoffen und zur Rückgewinnung von Schwermetallen eingesetzt.
Der kathodische Prozess kann auch als elektrochemische Reduktion bezeichnet werden. Dabei werden Elektronen übertragen, um Schwermetallionen wie Cr6+ und Hg2+ in ihre niedrigeren Oxidationsstufen zu reduzieren. Darüber hinaus kann es chlorierte organische Verbindungen reduzieren, sie in weniger toxische oder ungiftige Substanzen umwandeln und letztendlich ihre biologische Abbaubarkeit verbessern:
R-Cl + H+ + e → RH + Cl-
Bei der indirekten Oxidation (indirekte Elektrolyse) werden elektrochemisch erzeugte Oxidations- oder Reduktionsmittel als Reaktanten oder Katalysatoren eingesetzt, um Schadstoffe in weniger toxische Stoffe umzuwandeln. Die indirekte Elektrolyse kann weiter in reversible und irreversible Prozesse eingeteilt werden. Bei reversiblen Prozessen (vermittelte elektrochemische Oxidation) werden Redoxspezies während des elektrochemischen Prozesses regeneriert und recycelt. Irreversible Prozesse hingegen nutzen Substanzen, die durch irreversible elektrochemische Reaktionen entstehen, wie zum Beispiel starke Oxidationsmittel wie Cl2, Chlorate, Hypochlorite, H2O2 und O3, um organische Verbindungen zu oxidieren. Irreversible Prozesse können auch stark oxidative Zwischenprodukte erzeugen, darunter solvatisierte Elektronen, ·HO-Radikale, ·HO2-Radikale (Hydroperoxyl-Radikale) und ·O2-Radikale (Superoxid-Anionen), die zum Abbau und zur Beseitigung von Schadstoffen wie Cyanid, Phenolen usw. verwendet werden können. CSB (chemischer Sauerstoffbedarf) und S2-Ionen, die letztendlich in harmlose Substanzen umgewandelt werden.
Bei der direkten anodischen Oxidation können niedrige Reaktantenkonzentrationen die elektrochemische Oberflächenreaktion aufgrund von Stofftransportbeschränkungen einschränken, während diese Einschränkung bei indirekten Oxidationsprozessen nicht besteht. Sowohl bei direkten als auch bei indirekten Oxidationsprozessen können Nebenreaktionen auftreten, bei denen H2- oder O2-Gas entsteht. Diese Nebenreaktionen können jedoch durch die Auswahl der Elektrodenmaterialien und die Potenzialkontrolle kontrolliert werden.
Die elektrochemische Oxidation hat sich bei der Behandlung von Abwässern mit hohen organischen Konzentrationen, komplexer Zusammensetzung, einer Vielzahl feuerfester Substanzen und starker Färbung als wirksam erwiesen. Durch den Einsatz von Anoden mit elektrochemischer Aktivität kann diese Technologie effizient hochoxidative Hydroxylradikale erzeugen. Dieser Prozess führt zur Zersetzung persistenter organischer Schadstoffe in ungiftige, biologisch abbaubare Substanzen und deren vollständige Mineralisierung in Verbindungen wie Kohlendioxid oder Carbonate.
Zeitpunkt der Veröffentlichung: 07.09.2023